
Perfektes Garn spinnen: Tipps und Tricks für eure kreative Reise
Garnspinnen ist nicht nur eine wundervolle kreative Tätigkeit, sondern kann auch richtig meditativ sein. Und ist es gar nicht so schwer, gleichmäßiges und wunderschönes Garn zu spinnen – ein paar kleine Kniffe helfen euch, eure Technik Schritt für Schritt immer weiter zu verbessern.
Hier kommen unsere Tipps für euch:
1. Die richtige Faser – der Schlüssel zu eurem Traumgarn
Nicht jede Faser ist für jedes Projekt geeignet. Überlegt zuerst, was ihr mit eurem Garn machen möchtet. Weiche Fasern (bis ca. 27 Micron) wie Merinowolle, Polwarth, Cormo oder teilweise auch BFL sind ideal für Kleidung, die direkt auf der Haut getragen wird – ein kuscheliger Pullover oder ein schönes Tuch vielleicht. Wenn ihr dagegen etwas robustere Fasern (zwischen 27 und 33 Micron) wie Corriedale, Shetland oder deutsche Merino spinnen wollt, könnt ihr die Wolle wunderbar für etwas strapazierfähigere Kleidung verwenden, die nicht so schnell pillt und bei ungemütlichen Wetter besser vor Kälte und Wind schützt. Wolle über 33 Micron wie Devon, Exmoor Horn oder Maschamwolle eignen sich dagegen nicht so gut für Kleidung, sie findet eher Verwendung in schönen Wohnaccessoires. Seid dem ihr verträgt die kratzige und robuste Wolle.
Ihr seht: Es gibt ein großes Angebot an Fasern mit unterschiedlichen Eigenschaften, und nicht jede Faser ist für jedes Projekt geeignet. Bevor ihr also mit eurem Projekt startet, haltet unbedingt zuerst einmal Ausschau nach den geeigneten Spinnfaser.
Unser Tipp: Achtet beim Kauf auch darauf, dass die Fasern sauber und gleichmäßig sind, um spätere Probleme zu vermeiden.
2. Gut vorbereitet ist halb gesponnen
Bevor ihr loslegt, gönnt euren Fasern ein bisschen Aufmerksamkeit. Mit dem "Predrafting" (auf Deutsch: Vorziehen) lockert ihr die Fasern auf und entfernt Unebenheiten. Das macht das Spinnen nicht nur leichter, sondern sorgt auch für ein gleichmäßigeres Ergebnis. Keine Lust auf Knoten und Knubbel? Dann untersucht das Material vorher auf jeden Fall auf Fremdkörper und Verfilzungen. Bei handgefärbten Kammzügen sollten Verfilzungen zwar nicht vorkommen (sie treten eher auf, wenn die Rohwolle direkt vom Schaf kommt), aber falls man doch mal die eine oder andere entdeckt, erleichtert das Teilen des Kammzuges und das Vorziehen das Spinnen erheblich. Grundsätzlich gilt: Haltet Ausschau nach Fasern, die von vornherein sehr leicht zu spinnen sind und nur sehr wenig Vorbereitung brauchen. Bei unseren Fasern haben diese Eigenschaften oberste Priorität, man kann also im Prinzip sofort mit dem Spinnen anfangen.
3. Ein Spinnrad in Topform
Euer Spinnrad ist euer bester Freund – zeigt ihm also ruhig ein bisschen Liebe! Regelmäßiges Reinigen und Ölen verhindert lästige Quietschgeräusche und sorgt für einen runden Ablauf. Ein gut gepflegtes Spinnrad macht das Arbeiten nicht nur leichter, sondern auch viel angenehmer. Wir sprechen da aus Erfahrung.
4. Spannung, Spaß und Spinnerei
Zu viel oder zu wenig Spannung ist nicht nur in einem Krimi nervig – auch beim Spinnen kann sie euren Faden total aus dem Konzept bringen! Schaut daher lieber, dass die Bremse eures Spinnrads richtig eingestellt ist, damit der Faden gleichmäßig auf die Spule eingezogen wird. Sobald ihr den Faden zum Spinnrad führt oder ihn locker lasst, sollte er ohne großen Widerstand eingezogen werden. Wenn ihr das Gefühl habt, den Faden zu sehr festhalten zu müssen, damit er euch nicht aus der Hand gerissen wird, oder wenn der Faden ständig reißt, ist die Bremse vermutlich zu straff eingestellt.
Ist die Bremse hingegen zu locker eingestellt, wird der Faden nicht richtig eingezogen. Er bekommt stattdessen zu viel Drall und kräuselt sich vor dem Einzugsloch. Achtet also unbedingt darauf, die Bremse so einzustellen, dass der Faden gleichmäßig und ohne Probleme verarbeitet wird.
Noch ein paar Worte zum "Drall": Achtet darauf, dass der Drall im Faden gleichmäßig ist. Um das zu erreichen, gibt es verschiedene Methoden: Einige Spinner zählen die Sekunden oder die Tritte, um einen gleichmäßigen Rhythmus zwischen dem Vorziehen des Fadens und dem Aufwickeln auf die Spule zu finden. Andere wiederum spüren den Drall mit den Fingerspitzen und passen den Drall intuitiv an. Probiert verschiedene Ansätze aus und findet die Methode, die für euch am besten funktioniert.
So läuft’s wie geschmiert und euer Garn bleibt entspannt und gleichmäßig.
5. Übung macht den Spinner
Niemand wird über Nacht zum Profi. Gerade am Anfang ist es normal, dass das Garn nicht perfekt wird. Vor allem neue Fasern führen oft zu Herausforderungen. Wer immer nur Merino aus dem Kammzug oder ähnliche Fasern versponnen hat, wird ein wenig Zeit für die Umstellung brauchen, wenn er z. B. Kaschmir mit sehr kurzen Fasern, Seide, Wolle vom Vlies oder Flocke verspinnen möchte.
Übt regelmäßig und macht bei neuen Fasern kleine Spinnproben, findet die zu den Fasern passende Spinnmethode, denkt an die richtig eingestellte Bremse und den für euer Projekt geeigneten Drall. Ihr werdet sehen, wie eure Technik immer besser und eure Fäden immer gleichmäßiger werden. Versprochen!
6. Unperfekt ist auch schön
Handgesponnenes Garn hat Charakter – kleine Unregelmäßigkeiten machen es einzigartig. Lernt, diese kleinen "Macken" zu schätzen. Sie erzählen die Geschichte eurer Arbeit und machen euer Garn zu etwas ganz Besonderem.
7. Das Klima spinnt mit
Viele wissen es vielleicht nicht, aber die Luftfeuchtigkeit in eurem Raum kann Fasern stark beeinflussen. Ist die Luft zu trocken, werden die Fasern leicht brüchig, bei zu viel Feuchtigkeit kleben sie dagegen gern zusammen, vor allem, wenn sie einen Anteil an Seide oder Viskose haben. Achtet also auf ein angenehmes Raumklima – eure Fasern werden es euch danken. Und ihr selbst natürlich auch.
Was ist also das Geheimnis des perfekten Garns?
Den ultimativen Geheimtipp für das Spinnen des perfekten Garns gibt es also nicht – hier spielen mehrere Faktoren zusammen und was man als "perfekt" betrachtet, liegt ohnehin immer im Auge des Betrachters. Aber das sollte euch nicht abschrecken. Grundsätzlich gilt: Verwendet nur Fasern von guter Qualität und akzeptiert "klumpige" Materialien nur, wenn ihr bewusst Effektgarne spinnen wollt. Lasst euch Zeit, probiert euch, euer Spinnrad und eure Fasern aus und vor allem: habt Spaß dabei! Wollespinnen ist eine Reise, jeder Faden, den ihr spinnt, erzählt eure eigene kreative Geschichte. Seid also stolz auf das Ergebnis!